Covadonga - Felsengrotte des Río Deva

Der Wallfahrtsort in den Picos de Europa

Covadonga 2018 Covadonga Felsenhöhle

Covadonga ist ein malerisch gelegener Wallfahrtsort im Nationalpark Picos de Europa.

 

Covadonga steht in der Tradition der Marienverehrung. Eine natürliche Grotte in einer Felswand ist das Ziel der Pilger und Pilgerinnen.

 

Hier thront eine in den Fels gebaute Kapelle über den Wasserfällen des Río Deva. In der Felsengrotte wird die Heiligenfigur La Virgen de Covadonga aufbewahrt.


Unterhalb der Kapelle ergießt sich der Río Deva in einen kleinen glasklaren Teich. In der Tiefe funkeln Münzen, die als Opfergabe von den Besuchern ins Wasser geworfen werden.

 

Ein Teil des Río Deva ergießt sich in einen Brunnen, der als "Glücksbrunnen" gilt. In sieben Strahlen ergießt sich das Wasser in das Brunnenbecken. Wer von dem Wasser trinkt und an seine(n) Liebste(n) denkt, wird innerhalb eines Jahres heiraten, so wird der Tradition nach erzählt.

Wallfahrtsrouten nach Covadonga: Ab Oviedo; ab Gijón; ab Sotres; ab Llanes

Der Ursprung von Covadonga

Covadonga 2018 Covadonga Felsengrotte

In früheren Zeiten war der Abgrund der Felswand, von der Felsengrotte bis hinunter zum Glücksbrunnen, noch tiefer, bevor er sich mit Sedimenten füllte und den heutigen Teich bildete.

 

Das frische Wasser des Río Deva ergoss sich aus vielen Öffnungen in die Tiefe. Heute ist der Río Deva gezähmt. Einige Öffnungen wurden verschlossen, um den Zugang zu diesem Ort zu erleichtern. Die Wassermenge des Río Deva ist jahreszeitlich bedingt sehr unterschiedlich. Das Wasser wird gespeist aus den Tiefen des Berges Monte Auseva, dem Höhlensystem der Cueva de Orandi.

 

Der Ursprung von Covadonga reicht zurück in vorchristliche Zeit. Darauf weisen örtliche Legenden hin und auch die Namensgebung der Felsengrotte, des Flusses und einiger umliegender Orte. Unverkennbar sind Parallelen zur mythologischen Hauptfigur Asturiens: La Xana. Dies ist eine Frauengestalt, die im Zusammenhang mit örtlichen Legenden erwähnt wird, bei denen Quellen und Höhlen eine wichtige Rolle spielen.

 

Die Basilika von Covadonga

Covadonga 2018 Covadonga Basilika

In der Nähe der Felsengrotte von Covadonga wurde von 1877 bis 1901 eine Kirche im Stile der Neoromanik errichtet, die Basilika von Covadonga.

 

Zwei hohe Kirchentürme flankieren das Hauptportal. Im Innenraum befinden sich wertvolle Kunstschätze. Auf dem Vorplatz der Basilika erhebt sich die mächtige Statue des Nationalhelden Asturiens: Pelayo.

 

Idee und Baupläne für diese Kirche gehen zurück auf einen Menschen mit einer höchst interessanten Biografie, der in Asturien unter dem Namen Roberto Frassinelli y Burnitz - "El Alemán de Corao" bekannt wurde. Er übernahm persönlich die Bauleitung für die Krypta der Basilika.

Covadonga 718 - 2018

Covadonga 2018 Covadonga Pelayo mit "Siegeskreuz"

Covadonga ist auch ein identitätsstiftender Ort. Im Jahre 718 soll hier die „Schlacht von Covadonga“ stattgefunden haben, in welcher Pelayo, der Anführer einer kleinen angeblich christlichen Truppe, einen Sieg über eine übermächtige muslimische Truppe errungen haben soll. Doch: Es gab keine „Schlacht von Covadonga“. Ob es um das Jahr 718 ein strategisch unbedeutendes Gefecht in Covadonga gegeben hat, ist ungewiss. Wenn überhaupt, dann war die „Schlacht von Covadonga“ ein überschaubares Gefecht. Es wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts und während der Diktaturen des 20. Jahrhunderts zum nationalmythisch-symbolischen Beginn der sogenannten „Reconquista“, der angeblich christlichen „Rückeroberung“ der Iberischen Halbinsel.

 

Im Jahre 2018, also 1.300 Jahre nach der „Schlacht“, wurde Covadonga mit beträchtlichem Aufwand international in Erinnerung gebracht. Es war die Neuauflage einer dreifachen Jubiläumsfeier. Neben dem „Schlachtenfest“ bestand der erste Nationalpark Spaniens im Jahre 2018 seit 100 Jahren (zunächst "Montaña de Covadonga", heute „Picos de Europa“) und vor 100 Jahren erfolgte auch die Krönung einer Holzfigur in der Felsengrotte (La Santina).

 

Die Feierlichkeiten zum 13. Jahrhundertjubiläum Covadongas hätten eine Gelegenheit sein können, das 12. Jahrhundertjubiläum aufzuarbeiten. Denn: Das 12. Jubiläum im Jahre 1918 markierte den Triumpf der nationalistischen Deutungshoheit. Damals wurde das dreifache Jubiläum Covadongas erfunden und nationalistisch instrumentalisiert. Die Beschwörung des Islams als Erzfeind Spaniens und Europas trug dazu bei, dass antiislamische Stereotype reproduziert und gefestigt wurden. Jenseits von historischen Fakten wurde die erfundene Vernichtung von 70.000 Arabern in einer erfundenen "Schlacht von Covadonga" als Begründung für die „Heiligkeit“ des Ortes herangezogen, als „Dienst für die Christenheit und für Europa“. (Conmemoración del Senado, Madrid, 1918)

Reconquista und der Missbrauch des Kreuzsymbols

Covadonga 2018 Covadonga Kapelle der Felsengrotte

Der Kampf der Christen gegen Muslime wurde zum wichtigsten Charakteristikum einer ganzen Epoche. Historiker weisen jedoch heute darauf hin, dass die Verwendung des Begriffs „Reconquista“ als Epochenbegriff für den Zeitraum 718 bis 1492 irreführend sei.

 

Erst recht die Verwendung der Bezeichnung „Reconquista de España“. Weder vor der „Reconquista“ noch in den fast 800 Jahren der „Reconquista“ gab es ein katholisches Spanien als einheitliches Staatswesen auf der Iberischen Halbinsel, das man hätte „rückerobern“ können. Das Gefecht des Jahres 718 in Covadonga gar als eine primär religiös motivierte Glaubensschlacht zwischen Christen und Muslimen darzustellen, ist ein Ausfluss der neogotischen Reichsideologie.

 

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fand der Begriff "Reconquista" im Sinne einer militärischen Rückeroberung eines katholischen Heimatlandes einer spanischen Nation erstmals Eingang in die Geschichtsschreibung. Behauptet wurde, dass es seit dem 8. Jahrhundert eine politisch-religiös motivierte Rückeroberung gegeben hätte. Als neue Wortschöpfung wurde diese erfundene "Reconquista" als ideologischer Begriff durch Wiederholung zum historischen Faktum. Als Verb für diese Geschichtsdeutung fand „reconquistar“ erstmals  1796 Eingang in einen Band:  "...la Religión y favores del cielo los animó a pensar no solo en defenderse, sino también en reconquistar la patria de mano del enemigo..." (José Ortiz y Sanz, Compendio cronológico de la historia de España, 7 vols., Madrid: 1795-1803, vol. II, (1796), Seite 192)

Die Bösen waren also seit 1.300 Jahren die Muslime und die Guten waren seit jeher die katholischen Christen, die für ihre spanische Nation seit dem 8. Jahrhundert in den Krieg gezogen seien. Wer nun glaubt, dies sei eine Anekdote der Geschichte, der irrt. Die Ideologie der „Reconquista“ ist heute aktueller denn je. Im Jahre 2019 wurde Covadonga von einer neuen nationalistischen Partei als Ort für den Wahlkampfauftakt gewählt. Die angebliche "Reconquista" wurde mit nationalistischer Propaganda und Geschichtsfälschung verbunden und viele Menschen jubelten ihrem neuen Anführer zu. In Andalusien ermöglichte diese Partei (VOX) 2019 die Herrschaft der CDU-Schwesterpartei PP.

 

Auch als der ehemalige spanische Präsident Aznar, der an der Seite von US-Präsident Bush in den Krieg gegen den Irak zog, im Jahre 2004 eine vielbeachtete Rede an der Georgetown University hielt, da war es die „Reconquista“, an die er anknüpfte:  Die Probleme mit Al Kaida und islamischem Terrorismus hätten nicht mit der Irakkrise begonnen, sondern vor 1.300 Jahren (mit der „Schlacht von Covadonga“). (vgl. dazu auch Ríos Saloma, 2011)

Der Historiker Francisco García Fitz weist darauf hin, dass die ideologische Fundierung der „Reconquista“ als militärische Rückeroberung über annährend 800 Jahre in der Doktrin des „gerechten Krieges“ und des „heiligen Krieges“ gegen Muslime zu finden sei. Selbst wenn muslimische Familien bereits seit vielen Generationen über Jahrhunderte auf der Iberischen Halbinsel lebten, sie wurden in der ausgrenzenden nationalistischen Ideologie als „ausländische“ Muslime angesehen.

 

Noch heute werden die „Reconquista“, der „Covadonga-Mythos“ und das vermeintliche „Siegeskreuz“ aus der „Schlacht von Covadonga“ als Symbole für den heiligen, durch göttlichen Beistand siegreichen Kampf der Christen gegen die Araber und manchmal auch gegen heute lebende Muslime, Fremde, Ausländer und Flüchtlinge missbraucht. „Reconquista“ ist zu einem Schlachtruf der extremen Rechten Europas geworden. Heute ziehen in vielen Städten Europas Menschen durch die Straßen und rufen ihre antiislamischen Parolen unter dem Banner des Kreuzes. 

In einem visuell und melodisch sehr schönen Werbevideo der Stadt Cangas de Onís (s.u.), das in spanischer und englischer Sprache erschienen ist, wird der „Covadonga-Mythos“ einmal mehr zu historischer Wahrheit, eingebettet in eine atemberaubend schöne Landschaft, eine herzerfüllende Spiritualität, eine liebevolle Erinnerung an die Essenz Asturiens, jedoch wieder einmal mit den nationalistisch fundierten und historisch falschen Parolen wie einer "Schlacht von Covadonga" als Beginn einer "Rückeroberung Spaniens". Auch weitere offizielle Materialien und Videos zu dem 13. Jahrhundertjubiläum stellen den „Covadonga-Mythos“ als historische Tatsache dar. 

Festzuhalten bleibt meiner Ansicht nach aufs Neue:

 

  1. Der Covadonga-Mythos und der Heldenmythos des Pelayo bieten reichhaltigen Stoff für spannende Romane und erfolgreiche Filmproduktionen, doch historische Tatsachen sind sie nicht.
     
  2. Es gab keine „Schlacht von Covadonga“.
     
  3. Ob es um das Jahr 718 ein strategisch unbedeutendes Gefecht in Covadonga gegeben hat, ist ungewiss.
     
  4. Es gab keine Reconquista als nahezu 800-jährige militärische Rückeroberung Spaniens von den Muslimen. Es gab noch nicht einmal ein zuvor einheitliches katholisches Spanien, das hätte zurückerobert werden können.
     
  5. Das (angebliche) "Siegeskreuz" des Pelayo aus der (erfundenen) „Schlacht von Covadonga“ als das Symbol einer (erfundenen) 800-jährigen militärisch-christlichen Reconquista anzusehen und zu verbinden mit Covadonga als dem (angeblich) ersten Heiligtum Spaniens, entspricht nicht den historischen Tatsachen. Diese Geschichtsdeutung knüpft eher an den Nationalismus des 19. und 20. Jahrhunderts an.
     
  6. Der asturische Held Pelayo hat das vermeintliche „Siegeskreuz“ (Cruz de la Victoria), das in der Kathedrale von Covadonga aufbewahrt wird, nie in Händen gehalten. Es wurde erst viel später angefertigt. Die Kirche Santa Cruz in Cangas de Onís ist nicht zur Aufbewahrung von „Pelayos Siegeskreuz“ errichtet worden, auch wenn dies zum Teil immer noch als "historische Wahrheit" propagiert wird. Meines Erachtens hat das "Siegeskreuz" eine ganz andere Bedeutung, die mit dem Vermächtnis Priscillians verbunden ist.
    (Vgl.: Priscillians Vermächtnis auf dem Sternenweg)

Druckversion | Sitemap
© Ralf Pochadt